Mit Eloquenz, Humor und einer charmanten Erzählweise sprach Dr. Charbel Gauthe vergangenen Montag, den 7. März 2022, im Bartholomäus-Gemeindehaus in Bielefeld über die gemischten Erfahrungen, welche ihm in Deutschland aufgrund seiner Einsortierung als ‚Fremder‘ bereitet werden.

Sein Vortrag „Zwischen Willkommenskultur und Ausländerfeindlichkeit“, fand im Rahmen der Bielefelder Antirassismus Wochen statt, eine Kooperation zwischen der Diakonie Brackwede und dem Internationalen Begegnungszentrum Friedenshaus e.V. (IBZ).
Dr. Charbel Gauthe trat in einen Dialog mit den circa 25 Besuchenden und schuf einen Raum, in dem man die eigenen Vorurteile offen ansprechen konnte. Im Verlauf der über zehn Jahre seit seiner Ankunft hat sich sein Leben in Deutschland verfestigt: mittlerweile arbeitet er als Integrationsfachkraft und koordiniert das Projektbüro SPRINT: Sprache und Integration des Fördervereins der Volkshochschule Detmold e.V. Außerdem ist er als 1. Vorsitzender des IBZ ehrenamtlich tätig.

Warum Deutschland? Dr. Charbel Gauthe berichtete, wie er schon aus der Ferne seines Geburtslandes Benin in Westafrika eine Zuneigung für Deutschland entwickelte, zum einen über die Liebe seines Vaters zum Fußball, doch vor allem über die deutsche Krimiserie Derrick (1974-1998). Im Deutschunterricht kamen dann auch die ersten Berührpunkte zur Geschichte, insbesondere der Zeit des Nazi-Regimes, jedoch lag der Fokus in erster Linie auf der Sprache und der Grammatik und ein positives Bild überwieget.

Nach einem Studium in Germanistik in Benin führte Dr. Gauthe diese Begeisterung für die Sprache und das Interesse über die rasante Nachkriegsentwicklung Deutschlands dann 2010 als Stipendiat nach Bielefeld, wo er sein Studium fortführte und letztendlich promovierte.

Vielfältigen Erfahrungen – Dr. Gauthe bot einen Einblick in die vielfältigen, komplexen und widersprüchlichen Erfahrungen, welche er seit seiner Einreise vor über zehn Jahren gesammelt hat. Die erste Begegnung mit einer fremden Frau am Bahnhof, welche dem verirrten er nach seiner Ankunft am Frankfurter Flughafen ein Zugticket nach Bielefeld kaufte und ihm eine Tafel Schokolade auf den Weg gab, liegt noch immer präsent in seiner Erinnerung.
Doch gibt es auch Kontrast: oft ist sein langjähriges Leben in Deutschland, sein Doktortitel und seine Qualifizierung als Lehrer für Deutsch als Fremdsprache weniger wichtig als seine Hautfarbe – immer wieder wurde er in Volkshochschulen als verirrter Schüler identifiziert und mit „du nix hier, hier für Lehrer, du gehen“ ausgewiesen.
„Ich hätte nie gedacht, dass das so verletzend ist“ erzählte eine Frau nach dem Bericht von Gauthes Erfahrungen in den Volkshochschulen „vermutlich hätte ich in genauso reagiert“.

Die eine Stunde des Erzählcafés war jedoch leider zu kurz um das brennende Interesse der Besuchenden zu stillen und schnell bildete sich eine Schlange vor dem Redner nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung.

Am Montag, den 21.03.2022 um 15 Uhr kommt Dr. Charbel Gauthe erneut in das Bartholomäus-Gemeindehaus und spricht über das Thema „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen … wie Sprache Bewusstsein prägt“.
Anmeldung unter: simone.nogossek@diakonie-bielefeld.de

 

Text: Jonas Dreher ( Praktikant IBF- Politische Bildung)